Wenn die Gefühle mit uns durchgehen
Gefühle – sie machen das Leben schön, wunderbar, erlebenswert. Denn ohne Gefühle wäre unser Gefühlseben ja immer und ewig gleich. Ziemlich langweilig würde man sagen, obwohl… das wäre dann auch wieder ein Gefühl. Also, eher ein Nichts, ein Nix, eine Leere.
Als Kind leben wir nicht nur unsere Gefühle, wir SIND unsere Gefühle. Wir spüren etwas und reagieren darauf. Da wird nicht nachgedacht; was wir fühlen oder erleben, sieht man sofort in unserem Verhalten. Das Kind, das ein Eis möchte und drängelt, weil es nur noch diese Idee vom Eis im Kopf hat. In dem Moment, wo klar wird, das es das Eis nicht bekommen wird und es enttäuscht wird in seinen Erwartungen, wird geschrieen, gekämpft, geweint. Es muss einfach seine Gefühle äußern, denn es hat noch keine Möglichkeit, das nicht zu tun.
Wir lernen aber unsere Gefühle zu kontrollieren. Oder besser gesagt, wir lernen, dass wir unsere Gefühle nicht einfach den freien Lauf geben können. Ja, man darf alles fühlen aber nicht alles zeigen. Gesellschaftlich gesehen, ist es natürlich so, dass man den Nachbarn nicht in sein Gesicht sagt, dass er ein Idiot wäre, wenn er sein Auto vor unsere Tür geparkt hat und wir nicht mehr wegkönnen. Wir haben gelernt, dass es besser ist, wenn wir ihn nett fragen, das Auto zwei Meter weiter zu parken. Denn unsere Reaktion ist ja eigentlich immer gleich der Aktion: wenn ich meinem Nachbarn wütend dazu auffordere sein &(*(#*$&$ Auto wegzufahren, wird er höchstwahrscheinlich auf gleiche Art und Weise antworten. Wir haben Streit und das Auto bleibt stehen. Wenn ich ihn aber freundlich frage und erkläre, warum es nett wäre, wenn er sein Auto etwas anders parkt, dann wird er sich wahrscheinlich entschuldigen und seinen Wagen vorfahren.
Wie lernen wir, dass unsere Gefühle nicht unkontrolliert den Weg nach außen finden sollen. Das lernen wir durch kopieren. Wir imitieren das Verhalten der Menschen um uns herum. Das ist was Kinder machen: imitieren, kopieren, nachahmen. Wenn sie es richtig machen, werden sie gelobt. Wenn nicht, dann kriegen sie kein Lob. Lob fühlt sich besser an als kein Lob oder Scham oder Strafe und das Kind lernt somit, dass gesellschaftlich richtige Verhalten zu zeigen.
Aber dennoch gibt es Situationen, in denen wir es nicht schaffen, unsere Gefühle unter Kontrolle zu halten. Einer verärgert uns so sehr, dass wir nur noch Rot sehen. Die Gefühle gehen mit uns durch. Und was dann? Nachgeben und ihm eins auf die Fresse geben bis er aufgibt? Ich denke, wir haben alle schon gelernt, dass das nur Nachteile ergibt. Mehr Streit, mehr Unfreundlichkeit, mehr Stress, mehr Unglück.
Was dann? Die Details hängen vom Typ ab, aber grob gesagt, kann jeder einen Anhalt finden bei der Gewaltfreien Kommunikation von Marschall B. Rosenberg. Es ist eine häufig angewandte Methode, womit man Verständnis für das Gefühlsleben anderer in sich selbst weckt. Anhand des theoretisch einfachen Konzeptes der Empathie, lernt man den anderen zu verstehen. Es kommt zu einer Kommunikation, die uns allen gut tut und die das Leben einfach schöner macht. Jeder Enneagramtyp wird es im Detail anders machen, aber die Idee bleibt die gleiche: urteilfreies Einfühlen.
Und das Wunderbare an dieser Gewaltfreien Kommunikation ist, dass man es auch auf sich selbst anwenden kann. Das man lernt sich selbst zuzuhören, zu spüren was seine eigenen Bedürfnisse sind und von daraus eine Selbstfürsorge für sich selbst erarbeiten kann. Ohne Rot zu sehen.